The Advisory Circle: Ways of Seeing

Es scheint bei Ghost Box so eine Art Wettbewerb um das perfekte Pop-Album des Labels gegeben zu haben. Ein Album, das gleichzeitig eingängig, aber zu einem ganz großen Teil instrumental ist. Ein Album wie aus einem Guss, das trotzdem extrem vielfältig ist und irgendwo zwischen Retro-Futurismus und Muzak sowie toll harmonischer Electronica so ziemlich allen zwischen Chicago, Köln und Berlin zeigt, dass der Hammer in Wahrheit bei den Briten hängt.

Umso bemerkenswerter, dass dieses Label sich überhaupt dazu aufgemacht hat. Wer britische Sidekicks von großen Bands und Labels wie I Start Counting und Komputer (Mute) mal gehört und natürlich die 90er verfolgt hat, konnte trotzdem nicht damit rechnen, dass es eine unglaublich englische Mischung aus Kraut-Electronica und Technoidem wie diese mal geben könnte. Da war halt BritPop und Eurodance dazwischen, und selbst The KLF konnte da nur als Gimmick mal zwischenlanden, wo dieses Label mit den aktuellen Veröffentlichungen gerade ist. Nämlich Post-Synthiepop, post-national, die 70er mit den 90ern und dem Jetzt verbindend. Ganz großes Kino.

Manchmal geht ein recht dezentes Kleinod wie die EP von John Foxx mit Belbury Circle unter, Ways of Seeing gehört meiner bescheidenen Meinung nach aber in jede Top-Liste der 2010er. Und gerade weil das direkt kaum zu beschreiben ist, muss es einfach gehört werden, es gibt keine Starschnitte, Konzerte sind unwahrscheinlich, nicht viele Babys werden nach dem Musikmenschen hier benannt werden. Und er heißt nicht einmal „Kevin“. Oder „Jim“. Oder „Mick“. Na und?

Eine eigentlich ganz große Errungenschaft der elektronischen Musik, die Westbam einmal zu dem Slogan „No More Fucking Rock’n’Roll“ verleitet hatte, war nun einmal die, dass Künstler hinter ihrem Werk zurückstehen dürfen. Also nicht regelmäßig ihr Leben damit vergeuden müssen, Fotos und Geschichten zu produzieren, auf dass irgendwelche Medien Einkäufe oder Daten generieren können. Und dann kommt diese Idee wieder, aus einer zunächst obskur nerdig anmutenden Ecke. Und erklärt fast eher alle anderen als die eigenen Leute zu Geistern. So ähnlich betrachtet kann eine vernünftige Dosis Ghost Box am Tag tatsächlich Leben(szeit) retten.

kheera