Pye Corner Audio: Hollow Earth

Über die Veröffentlichungen auf Ghost Box zu schreiben, ist eine schwierige Sache. Sprache ist oft kontra-intuitiv, Instrumentalmusik ist keine Aufgabe für Germanisten, und ob Alben jetzt Konzeptkunst oder eher eine Ansammlung von Tracks sind, auch das lassen Musiker/Künstler/Komponisten zurecht gerne eher offen. Der Vorteil von Pye Corner Audio, und damit auch der 2019-Veröffentlichung von Martin Jenkins, gegenüber Label Mates wie The Advisory Circle, BelburyPpoly, The Focus Group oder auch The Pattern Forms ist genau der: Es gibt Titel und Tracks, eher wenige bis keine Vocal Samples oder Stimmen (mehr), sondern das Werk steht für sich, ohne dass permanent Gesichter in Kameras gehalten, Posen geübt oder vermieden, klare Referenzen ausdiskutiert und/oder bis zum künstlerischen Exitus zwingend in eine total eigene Sache umgewandelt werden müssen. Am besten natürlich durch eine singende Frontperson. Nicht so hier natürlich.

Dabei hat auch „Hollow Earth“ Momente, die nicht nur an 70er Electronica und Krautrock-ohne-Rock erinnern können, sondern auch an 90er-Entwürfe wie den von Air zum Beispiel, und zwar die mit den etwas robotermäßigeren Stimmen und Tracks. Aber auch wer Mike Oldfield, Jean-Michel Jarre und Ulrich Schnauss immer etwas zu schwülstig und pathetisch fand, kann hier durchaus fündig werden. Jenkins streut auf Albumlänge immer einzelne Elemente oder Änderungen in Tonlage oder Geschwindigkeit ein, die nie mit der Grundstimmung brechen, nie daran zweifeln lassen, dass man noch im selben Album ist, aber doch genüsslich austarieren, wie weit man in die Spitzen gehen kann, ohne einen Faden zu verlieren.

Für Techno-Freunde: Klar klingt hier einiges vielleicht nach Chill Out Area oder gar Kaffeeklatsch. Aber wir haben hier auch ein echtes Set, wie es One Man Bands, die auch live performen, nicht immer so gut hinbekommen. Es wird Equipment vorgeführt, aber keinesfalls die Melodie vergessen. Es gibt völlig unterschiedliche Stimmungen, soundtrackhaftes, Stücke, für die man sich noch andere Versionen oder Remixe wünschte, einfach weil sie so reichhaltig sind. Wir haben es mit einem echten Album zu tun, teils sogar mit einem richtig klassischen, wie leicht festzustellen ist, wenn man sich den Titeltrack anhört. Hier ist bereits schon alles irgendwie vorhanden, was das gesamte Album ausmacht. Zumindest ist es vorstellbar. Aber erst alle Tracks zusammen machen so richtig Sinn. Und erst mit dem letzten Klang ist die Reise beendet. So geht das. Hoffentlich noch lange.

kheera